Lernen, eine Klasse zu sein

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Lernen, eine Klasse zu sein

 

Quelle: Leopoldshöher Nachrichten (c)

 

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Trainer Aaron Born zeigt den Kindern der Klasse 3b der Grundschule Asemissen im Forum der Schule, worauf sie achten müssen, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen, zum Beispiel zusammenzubleiben. Foto: Thomas Dohna

In der Grundschule Asemissen üben Kinder soziale Kompetenz

Asemissen (ted). Klobi wegzubringen ist die Aufgabe. Die 26 Kinder der Klasse 3b der Grundschule Asemissen sollen das gemeinsam schaffen. Sie sollen lernen, miteinander zu arbeiten, aufeinander zu achten und niemanden zurückzulassen. Seit einigen Jahren bietet die Schule zu Beginn des dritten Jahrgangs ein Training in Sozialkompetenz an. Der Grund liegt in der Schule.

Eine Linie ist in Kreppband auf den Boden des Forums der Schule geklebt. An der anderen Seite des Raums liegt Klobi, eine Toilettenbürste. Dazwischen stehen die Kinder der Klasse, unterschiedlich weit von Klobi entfernt. Sie waren an der Linie gestartet. Aaron Born fordert die Kinder auf, zu schauen, ob es andere Kinder gibt, die noch nicht so weit vorn stehen wie sie. Die vorn Stehenden schauen nach hinten. Born dreht sich um, gibt ein Zeichen und die Kinder bewegen sich. Die hinten Stehenden rücken an die, die vorn stehen, heran. Ein paar Mal geht das so.

Verschiedene Gruppen sind hilfreich

Es sei eine Art Teambuilding, sagt Aaron Born. Er ist Sozialpädagoge, Fachtrainer für Gewaltprävention und Übungsleiter. Er arbeitet mit Kindern und Jugendlichen an ihrer Sozialkompetenz. „Die Kinder sollen die Erkenntnis gewinnen, wie ich mich in der Gruppe mitteilen kann, ohne dem Team zu schaden“, sagt Born. Nicht alle Kinder hätten Eltern oder Geschwister, die ihnen diese Kompetenzen vorleben. Er selbst sei von klein auf in Vereinen gewesen, sagt Born. Vieles habe er außerhalb der Familie gelernt. Hilfreich sei, dass man verschiedene Gruppen habe, das Zuhause, Verein, Schule, religiöse Gemeinschaften.

Die Kinder stehen ganz dicht um Klobi herum. Jetzt muss die Bürste aufgenommen und hinter die Linie gebracht werden. Klar ist, dass nicht alle Kinder Klobi tragen können. Sie müssen sich einigen. Born bespricht mit den Kindern, wie sie es erreichen können, dass sie Klobi zwar in der Hand halten, Born die Bürste aber nicht sehen und auch nicht erahnen kann, wer die Bürste trägt. „Hände auf den Rücken“, schlägt ein Kind vor, dann umdrehen und alle halten die Hände vor den Bauch. Trainer Born dreht sich um und gibt wieder ein Zeichen.

Kinder als Egoisten

Kinder kämen als Egoisten auf die Welt, sagt Born. Sie müssten erst lernen, dass es nicht nur ein „Ich“ gibt, sondern auch ein „Du“ und ein „Wir“. Die Herausforderung sei, alle ins Boot zu holen, Kinder, die von sich aus die Kompetenzen mitbringen, die Schüchternen und die Anderen. Die, die es können müssten lernen zu warten, seien vielleicht frustriert, weil sie es schon zehn Mal gehört haben, wie man vorgehen sollte.

 

Die Kinder drehen sich um und gehen leise auf die geklebte Linie zu, die einen sind schneller, die anderen langsamer. „Stehen bleiben“, ruft Aaron Born. Die Klasse ist auseinandergezogen. Einige sind zurückgeblieben. Eine dichtstehende Gruppe ist ganz vorn. Born erinnert die Kinder daran, dass sie erst gewonnen haben, wenn alle Kinder über die Linie sind.

Kinder unterstützen sich

Lehrerin Viktoria Neumann-Wellen ist überzeugt, dass das Training die Kinder weiterbringt: „Man merkt das im Sport und beim Schwimmen“, sagt sie. Aus drei Klassen der Eingangsstufe sei im dritten Jahrgang eine geworden. Das Ganze sei ein Prozess. Schon jetzt sei etwas zu beobachten: „Die Kinder haben sich gegenseitig an die Hände genommen, sie unterstützen sich gegenseitig“.

 

Die Kinder dürfen weiter gehen. Nach und nach erreichen alle die Linie. Die ersten Kinder, die Klobi halten, wollen sich schon umdrehen und den Sieg feiern, als Born sie daran erinnert, dass alle über der Linie sein müssen. Die Letzten beeilen sich.

Kinder lernen von Vorbildern

„Kinder sind ein Spiegelbild der Gesellschaft“, sagt Born. Sie lernen von Vorbildern. „Als Gesellschaft, als Erwachsene sind wir da in der Pflicht“. Kinder hätten zu oft zu funktionieren. Schön wäre es, wenn der häusliche und familiäre Rahmen immer so wäre, dass die Kinder soziale Kompetenzen mitbrächten. Es sei eine Aufgabe, Kinder nicht fallenzulassen, die Schwierigkeiten haben. „Schule steht da vor Herausforderungen“, sagt Born.

 

Endlich sind alle Kinder hinter der Linie. Jubel bricht aus. Born hat nicht herausfinden können, welches Kind Klobi getragen hat. Alle versammeln sich im Kreis. Klobi wird wie eine Trophäe, wie ein Pokal herumgereicht. Jedes Kind darf ihn einmal halten.

Förderverein finanziert

Es sei ja die besondere Herausforderung, dass die Kinder nach der Eingangsstufe in der neuen Klasse zu einem guten Miteinander finden, sagt Schulleiterin Diana Fleer. Das Training sei Teil des Schulprogramms und finde in den ersten drei Wochen des Schuljahres statt. Pro Klasse sind eineinhalb Stunden in der Woche angesetzt. Der Förderverein der Grundschule finanziert das Training.

Aaron Born bittet die Kinder, auf den am Rand stehenden Bänken Platz zu nehmen. Sie nehmen Schlucke aus ihren Wasserflaschen. Born fordert sie auf, die Flaschen wegzustellen. Nicht alle folgen dem gleich. Der Trainer muss nachhaken. Der Schulgong geht, einige Kinder wollen aufspringen. Born und Lehrerin Neumann-Wellen halten sie im Zaum. Born möchte noch etwas loswerden und an den Anfang des Trainings erinnern. „Aus dem Ich und dem Du wird ein Wir, denkt daran“, sagt er.